Diagnostik

Diagnostische Verfahren

Hier finden Sie eine Übersicht der von uns angebotenen, diagnostischen Methoden, 
sowie  eine Übersicht der wichtigsten, mit diesen Verfahren zu beurteilenden Krankheitsbilder.

Chromosomen-bänderungsanalyse

Dieses auch als konventionelle Zytogenetik bezeichnete Verfahren finden in unserem Hause Anwendung bei allen hämatologischen Neoplasien und einigen soliden Tumoren am Knochenmark / Blut / Tumorgewebe zum Nachweise erworbener (somatischer) Chromosomenveränderungen, sowie am peripheren Blut zum Nachweis konstitutioneller (angeborener) Chromosomenveränderungen

FISH

(Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) zum gezielten Nachweis diagnostisch und prognostisch relevanter somatischer Chromosomenveränderungen bei hämatologischen Neoplasien und soliden Tumoren (z. B. Mammakarzinom, Glioblastom, nicht kleinzelliges Lungenkarzinom (NSCLC)) und zum gezielten Nachweis angeborener Chromosomenstörungen wie z.B. Down-Syndrom.

Molekulargenetik

Analysen aus dem Bereich der Molekulargeneitk bieten wir in Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern an.

Sollte eine von Ihnen gewünschte Untersuchung hier nicht aufgelistet sein, sprechen Sie uns bitte an!

Gerne klären wir für Sie, wo diese Untersuchung durchführt werden kann.

Unsere Leistungen erbringen wir gemäß der Leitlinien der GfH (Deutsche Gesellschaft für Humangenetik) und der DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie) sowie der Empfehlungen der WHO zur Diagnostik der hämatologischen Neoplasien.

Myelodysplastische Syndrome (MDS)

Bei ca. 60% der myelodysplastischen Neoplasien (früher: Myelodysplastische
Syndrome) können mittels Chromosomenbänderungsanalyse an Zellen des
Knochenmarks klonale Chromosomenveränderungen nachgewiesen werden (Schanz et al., 2012; Maassen et al., 2013). FISH (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung)
kann als ergänzende Methode genutzt werden, um nicht sichtbare zytogenetische
Veränderungen zu identifizieren, wenn die Chromosomenanalyse nicht erfolgreich
durchgeführt werden konnte oder um den Nachweis eines sehr kleinen Klons zu
verifizieren.

Der Nachweis charakteristischer Aberrationen trägt einerseits zur Bestimmung der Entität bei und dient anderseits zur Einschätzung der Prognose und des Erkrankungsverlaufs nach einem Risikoscore (IPSS-R, Greenberg et al., 2012 bzw. IPSS-M, Bernard et al., 2022).
 

MDS mit definierenden genetischen Veränderungen (Khoury et al., WHO, 2022):

  • MDS mit isolierter 5q-Deletion: <5% Blasten im KM, <2% Blasten im pB
  • MDS mit SF3B1-Mutation*: <5% Blasten im KM, <2% Blasten im pB
  • MDS mit biallelischer TP53-Inaktivierung**: <20% Blasten im pB und KM

* Der Nachweis von ≥15% Ringsideroblasten kann eine SF3B1-Mutation ersetzen.

MDS, morphologisch definiert (Khoury et al., WHO, 2022):

  • MDS mit niedrigen Blasten (MDS-LB): <5% Blasten im KM, <2% Blasten im pB
  • MDS hypoplastisch (MDS-h): <5% Blasten im KM, <2% Blasten im pB**
  • MDS mit erhöhten Blasten (MDS-IB):
    • MDS-IB1: 5-9% Blasten im KM, 2-4% Blasten im pB
    • MDS-IB2: 10-19% Blasten im KM, 5-19% Blasten im pB oder Auerstäbchen
    • MDS mit Fibrose (MDS-f): 5-19% Blasten im KM, 2-19% Blasten im pB
** ≤25% Zellularität im KM, angepasst an das Alter
 
Prognostische Bedeutung der Chromosomenaberrationen bei MDS nach Greenberg et al., IPSS-R (2012) bzw. Bernard et al., IPSS-M (2022):

Sehr gute Prognose:

isolierte 11q-Deletion, isolierter Verlust des Y-Chromosoms

Gute Prognose:

unauffälliger Karyotyp, isolierte 5q-, 12p- oder 20q-Deletion, 5q-Deletion in Kombination mit maximal einer weiteren Aberration (aber keine der u.g. Aberrationen mit intermediärer oder schlechter Prognose)

Intermediäre Prognose:

7q-Deletion, +8, i(17)(q10), +19 oder andere Aberrationen isoliert oder in Kombination mit maximal einer anderen Aberration (aber keine der u.g. Aberrationen mit schlechter Prognose)

Schlechte Prognose:

Monosomie 7 oder inv(3) / t(3q) / del(3q), -7 / 7q-Deletion und eine weitere Aberration, komplex aberranter Karyotyp mit drei Chromosomenveränderungen

Sehr schlechte Prognose:

komplex aberranter Karyotyp mit >3 Chromosomenveränderungen

Der Nachweis von Mutationen der Gene ASXL1, BCOR, CBL, DNMT3A, ETV6, EZH2, FLT3, IDH1, IDH2, KMT2APTD, KRAS, NF1, NRAS, PHF6, PPMD1, PTPN11, RAD21, RUNX1, SETBP1, SRSF2, STAG2, TP53 deutet auf eine schlechte Prognose hin, während Mutationen in SF3B1 und TET2 mit einer eher günstigen Prognose des MDS einhergehen (nach Bersanelli et al., 2021, Nazha et al., 2021, Bernard et al., IPSS-M, 2022).

Akute myeloische Leukämie (AML)

Akute myeloische Leukämien können entweder de novo, oder als Folge einer (zytotoxischen) Strahlentherapie (AML-pCT) oder sekundär, aus einer vorangegangen myeloischen Neoplasie (z.B. MDS, MPN, CMML) entstehen. Die WHO-Klassifikation nach Khoury et al. (2022) unterscheidet eine AML, definiert über Differenzierung und AML mit definierender genetischer Veränderung mit ≥10% Blasten in pB oder KM.

AML-Klassifikation nach WHO (Khoury et al., 2022):

AML mit definierenden genetischen Veränderungen:

  • Akute Promyelozytenleukämie mit PML::RARA-Fusion
  • AML mit RUNX1::RUNX1T1-Fusion
  • AML mit CBFB::MYH11-Fusion
  • AML mit DEK::NUP214-Fusion
  • AML mit RBM15::MRTFA-Fusion
  • AML mit BCR::ABL1-Fusion*
  • AML mit KMT2A-Rearrangement
  • AML mit MECOM-Rearrangement
  • AML mit NUP98-Rearrangement
  • AML mit NPM1-Mutation
  • AML mit CEBPA-Mutation*
  • AML, Myelodysplasie-assoziiert (AML-MR)*
  • AML mit anderen definierenden genetischen Aberrationen

* Ausnahme: ≥20% Blasten in pB oder KM erforderlich

AML, definiert über Differenzierung:

  • AML mit minimaler Differenzierung
  • AML ohne Ausreifung
  • AML mit Ausreifung
  • Akute Basophilenleukämie
  • Akute myelomonozytäre Leukämie
  • Akute monozytäre Leukämie
  • Akute erythroide Leukämie
  • Akute megakaryoblastäre Leukämie

Der Subtyp AML-MR (AML-Myelodysplasie assoziiert) wird nach Khoury et al. (2022) nicht nur morphologisch, sondern auch durch zytogenetische Veränderungen sowie somatische Mutationen definiert:

Zytogenetische Aberrationen:

  • Komplexer Karyotyp (>3 Aberrationen)
  • del(5q) oder 5q-Verlust aufgrund unbalancierter Translokation
  • Monosomie 7, del(7q) oder 7q-Verlust aufgrund unbalancierter Translokation
  • del(11q)
  • del(12p) oder 12p-Verlust aufgrund unbalancierter Translokation
  • Monosomie 13 oder del(13q)
  • del(17p) oder 17p-Verlust aufgrund unbalancierter Translokation
  • Isochromosom 17q
  • idic(X)(q13)

Somatische Mutationen:

  • ASXL1, BCOR, EZH2, SF3B1, SRSF2, STAG2, U2AF1, ZRSR2

Prognostische Risikoeinteilung der zyto- und molekulargenetischen Veränderungen bei AML (Döhner et al., ELN, 2022):

Günstig:

  • t(8;21)(q22;q22.1); RUNX1::RUNX1T1
  • inv(16)(p13.1q22) oder t(16;16)(p13.1;q22); CBFB::MYH11
  • NPM1-Mutation ohne FLT3-ITD
  • CEBPA-bZIP in-frame-Mutation

Intermediär:

  • NPM1-Mutation mit FLT3-ITD
  • Wildtyp NPM1 mit FLT3-ITD
  • t(9;11)(p21.3;q23.3); KMT2A::MLLT3
  • zytogenetische Aberrationen, die nicht als günstig oder ungünstig eingestuft werden

Ungünstig:

  • t(6;9)(p23;q34.1); DEK::NUP214
  • t(v;11q23.3); KMT2A Rearrangement (exklusive KMT2A-PTD)
  • t(9;22)(q34.1;q11.2); BCR::ABL1
  • t(8;16)(p11;p13)/KAT6A::CREBBP
  • inv(3)(q21.3q26.2) oder t(3;3)(q21.3;q26.2); GATA2::MECOM(EVI1)
  • t(3q26.2;v)/MECOM(EVI1) Rearrangement
  • -5 oder del(5q); -7; -17/abn(17p)
  • Komplexer Karyotyp (≥ 3 unabhängige Aberrationen)*, monosomaler Karyotyp (zwei oder mehr Monosomien außer Verlust des X- oder Y-Chromosoms oder einzelne Monosomie in Kombination mit mindestens einer strukturellen Aberration**)
  • Mutationen von: ASXL1, BCOR, EZH2, RUNX1, SF3B1, SRSF2, STAG2, U2AF1 oder ZRSR2***
  • TP53-Mutation

* es darf keine AML mit definierender genetischer Veränderung vorliegen

** Ausnahme: core-binding-factor (CBF) AML

*** z.Z. keine Einstufung als ungünstige prognostische Marker in Zusammenhang mit AML-Subtypen der günstigen Risikogruppe

 

Myeloproliferative Neoplasien (MPN)

Zu den BCR::ABL1-negativen myeloproliferativen Neoplasien (MPN) gehören gemäß der WHO-Klassifikation die Polyzythämia vera (PV), die Essentielle Thrombozythämie (ET), die Primäre Myelofibrose (PMF), die Chronische Neutrophilen-Leukämie (CNL), die Chronische Eosinophilen-Leukämie (CEL), die Juvenile myelomonozytäre Leukämie (JML) und Myeloproliferative Neoplasien, nicht anderweitig klassifiziert (NOS) (Khoury et al., 2022).

Die häufigsten Chromosomenaberrationen werden mit ca. 40% der Fälle bei PMF beobachtet. Patienten/innen mit PV oder ET können bei Voranschreiten der Erkrankung eine sekundäre Myelofibrose entwickeln (Passamonti et al. 2017). Die komplexen Chromosomenveränderungen deuten auf eine Transformation einer MPN in ein MDS oder eine AML hin.

Risikostratifizierung bei Patienten/innen mit PMF (Tefferi et al. (1), 2018)

Günstig:

  • Normaler Karyotyp
  • Nur eine der folgenden Aberrationen: 20q-, 13q-, +9, Chromosom 1-Translokationen/Duplikationen, Veränderungen der Geschlechtschromosomen inkl. -Y

Ungünstig:

  • Nur eine der folgenden Aberrationen: +8, 7q-, einzelne Translokationen ohne Beteiligung von Chromosom 1
  • Zwei Aberrationen: ohne Hochrisiko (VHR)-Veränderung
  • Einzelne/Multiple Aberrationen: 5q-, abnormaler/komplexer Karyotyp ohne VHR-Aberration, monosomaler Karyotyp ohne VHR-Aberration, andere als hier klassifizierte Aberrationen

Sehr hohes Risiko:

  • Einzelne/multiple Aberrationen: Monosomie 7, inv(3)/3q21, i(17q), 12p-/12p11.2, 11q-/11q23, autosomale Trisomien andere als +8 oder +9 (z.B. +21, +19)

Die myeloische/lymphatische Neoplasie mit Eosinophilie und definierendem Gen-Rearrangement (MLN-TK) (früher: MPN mit Eosinophilie) stellt gemäß neuer WHO-Verordnung eine eigene Entität dar (Khoury et al., 2022). Die MLN-TK wird anhand folgender definierender genetischer Veränderungen unterschieden: PDGFRA-Aberration (v.a. FIP1L1::PDGFRA-Fusion), PDGFRB-Aberration (v.a. ETV6::PDGFRB-Fusion), FGFR1-Rearrangements, JAK2-Aberration (v.a. JAK2::ETV6-Fusion), FLT3-Aberration (v.a. FLT3::ETV6-Fusion), ETV6::ABL1-Fusion (zytogenetisch kryptisch) und MPN mit anderen Tyrosinkinase-Fusionsgenen (Reiter & Gotlib 2017, Wang et al. 2020, Khoury et al. 2022).

Des Weiteren treten bei MPN auch rekurrente Genmutationen auf, deren Nachweis die Klassifikation erleichtert. Diese Genmutationen betreffen insbesondere die Gene JAK2, MPL und CALR, wobei eine JAK2 V617F-Mutation die häufigste Mutation bei MPN (insb. bei PV) ohne BCR::ABL1-Fusion darstellt. Bei ET und PMF finden sich neben einer JAK2 V617F-Mutation auch häufig Mutationen in MPL und CALR. Als weiterer Risikofaktor sind zudem Mutationen in IDH2 bei PV, ET und PMF bekannt (Tefferi et al. 2016, Tefferi & Vannucchi 2017).

Bei der systemischen Mastozytose ist die D816V-Mutation im KIT-Gen die häufigste rekurrente Genmutation.

Chronische myeloische Leukämie (CML)

Die CML ist eine chronische myeloproliferative Erkrankung, die durch eine Translokation zwischen den Chromosomen 9 und 22 (Philadelphia-Translokation) bzw. eine BCR::ABL1-Fusion gekennzeichnet ist. In ca. 95% der Fälle kann diese Veränderung mittels Chromosomenbänderungsanalyse und in nahezu 100% der Fälle mittels FISH nachgewiesen werden. Das Auftreten zusätzlicher Chromosomenveränderungen kann sowohl das Progressionsrisiko bzw. den Übergang in eine Blastenkrise als auch ein Therapieversagen beeinflussen.

Risikostratifizierung für BCR::ABL1-positive CML in Zusammenhang mit Zusatzaberrationen (Hochhaus et al. 2020, Clark et al. 2021 sowie auf Onkopedia)

high-risk

  • +8, ein zusätzliches Philadelphia-Chromosom, +19, i(17q), -7/del7q, 3q26-Aberration, 11q-Aberration sowie ein komplex aberranter Karyotyp)

low risk

  • alle anderen Aberrationen
Eine BCR::ABL1-Fusion als molekulares Korrelat der Translokation t(9;22) kann auch mittels PCR erfasst werden. Der quantitative Nachweis (PCR) der BCR::ABL1-Fusion stellt einen zuverlässigen Marker des Therapie-Monitorings dar. Der Nachweis von sekundären Punktmutationen im BCR::ABL1-Fusionsgen, die oft mit Entwicklung von Therapieresistenz einhergehen, ermöglicht eine Umstellung bzw. Anpassung der Therapie.

Myelodysplastische/Myeloproliferative Neoplasien (MDS/MPN)

Die WHO unterscheidet bei MDS/MPN zwischen der BCR::ABL1-negativen, atypischen chronischen myeloischen Leukämie (aCML) und der chronischen myelomonozytären Leukämie (CMML). Beide Entitäten weisen sowohl Eigenschaften der myelodysplastischen- als auch der myeloproliferativen Neoplasien auf.

Der Nachweis von chromosomalen Veränderungen bei aCML verhält sich sehr heterogen. Ein Zugewinn des Chromosoms 8 stellt die am Häufigsten beobachtete Veränderung dar. Weiterhin können Aberrationen der Chromosomen 7, 12, 13, 14, 17, 19 und 20 sowie ein komplexer Karyotyp auftreten (Wang et al. 2014, Swerdlow et al. 2017).

Bei der CMML liegt typischerweise eine persistierende Monozytose mit Dysplasie in zumindest einer myeloischen Linie und eine klonale zytogenetische oder molekulare Aberration vor (Khoury et al., 2022). Es dürfen dabei keine BCR::ABL1-Fusion sowie keine PDGFRA-, PDGFRB- oder PCM1::JAK2-Rearrangements vorliegen. Auch die Kriterien für eine PMF, PV oder ET dürfen nicht erfüllt sein.

CMML, morphologisch definiert nach Khoury et al., WHO (2022):

  • CMML-1: &lt;5% Blasten im pB und &lt;10% Blasten im KM
  • CMML-2: 5-19% Blasten im pB und 10-19% Blasten im KM

Patienten/innen mit einer CMML weisen in ca. 20-40% der Fälle chromosomale Veränderungen auf (Swerdlow et al. 2017) und können mittels Scoringsysteme (CPSS bzw. CPSS-MOL-Scores) eine Einschätzung zur Prognose liefern.

Zytogenetische Risikogruppen bei der CMML (Such et al., 2011, Elena et al., 2016 und Patnaik und Tefferi, 2020):

Niedriges Risiko

  • normal, -Y

Intermediäres Risiko

  • andere Aberrationen

Hohes Risiko

  • +8, komplexer Karyotyp, Aberrationen des Chromosoms 7

Der Nachweis von somatischen Mutationen der Gene: NRAS, RUNX1, ASXL1 sowie SETBP1 ist bei Patienten/innen mit einer CMML mit einer ungünstigen Prognose assoziiert (Elena et al., 2016).

Ein MDS/MPN mit SF3B1-Mutation und Thrombozytose (früher: MDS/MPN-RS-T) stellt eine eigenständige Entität dar (Khoury et al., WHO, 2022). Eine molekulargenetische Untersuchung im Hinblick auf eine SF3B1-Mutation spielt daher eine wichtige Rolle bei der Differenzialdiagnostik.

Akute lymphatische Leukämie (ALL)

Aufgrund der zahlreichen rekurrenten Chromosomenveränderungen bei der ALL bzw. den B-Zell-lymphoblastischen Leukämien/Lymphomen und deren klinischer Relevanz werden ALL-Patienten/innen anhand ihrer zyto- und molekulargenetischen Kriterien eingeteilt (Alaggio et al., WHO, 2022):

  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom, NOS
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit Hyperdiploidie
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit Hypodiploidie
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit iAMP21
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit BCR::ABL1-Fusion
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit BCR::ABL1-like features
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit KMT2A-Rearrangement
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit ETV6::RUNX1-Fusion
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit ETV6::RUNX1-like features
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit TCF3::PBX1-Fusion
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit IGH::IL3-Fusion
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit TCF3::HLF-Fusion
  • B-lymphoblastische/s Leukämie/Lymphom mit anderen definierenden genetischen Aberrationen

Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH-Analyse) und Chromosomenanalyse bieten ein standardisiertes, schnelles und zuverlässiges Screeningverfahren zum Nachweis der häufigsten chromosomalen Veränderungen: CRLF2::IGH, MYC::IGH, BCR::ABL1 und ETV6::RUNX1, Rearrangement des KMT2A-Gens, Deletionen in 7p (IKZF1-Gen) oder 9p (CDKN2A-Gen) sowie hyper- oder hypodiploide Klone.

Durch die ergänzende molekulargenetische Analyse im Hinblick auf Klonalitätsmarker bei der Diagnosestellung und den darauffolgenden Verlaufsuntersuchungen ist eine MRD-Überwachung möglich.

Chronische lymphatische Leukämie (CLL)

Die CLL stellt eine heterogene reifzellige B-Zell-Neoplasie mit zahlreichen charakteristischen Chromosomenveränderungen und Genmutationen dar. Der Nachweis dieser genetischen Merkmale erlaubt z.T. eine Abgrenzung von anderen indolenten lymphatischen Neoplasien, eine Risikoabschätzung der Erkrankung und den Einsatz einer spezifischen Therapie. Mittels FISH können bei ca. 80% der CLL-Patienten Chromosomenveränderungen nachgewiesen werden. Die Chromosomenbänderungsanalyse dient dem Nachweis eines komplex aberranten Karyotyps, welcher einen unabhängigen prognostischen und therapieentscheidenden Parameter darstellt (Okopedia Leitlinie CLL 2020, Alaggio et al. 2022). Derzeit wird eine Untersuchung im Hinblick auf eine del(11q), del(13q), del(17p), eine Trisomie 12 sowie eine Mutationsanalyse der Gene TP53 und IGHV (immunglobulin heavy chain variable) empfohlen (Okopedia Leitlinie CLL 2020, Alaggio et al. 2022).

 

Plasmazellneoplasien

Der Nachweis genetischer Veränderungen wird bei Plasmazellneoplasien durch den geringen Anteil an Plasmazellen im Blut/Knochenmark und deren geringe Proliferationsrate in vitro massiv erschwert. Daher ist bei Plasmazellneoplasien die FISH an Interphasezellkernen der CD138-positiven Zellpopulation des Knochenmarks nach magnetischer Zellsortierung (MACS) die Methode der Wahl und weist in über 90% der Fälle klonale Chromosomenveränderungen auf. Nach den aktuellen S3-Leitlinien (Harder und Jauch 2022) sollte eine FISH-Untersuchung im Hinblick auf die bei Plasmazellmyelomen mit einem Hochrisiko-assoziierten Chromosomenveränderungen (Zugewinn von 1q, Translokationen t(4;14), bzw. FGFR3::IGH-Fusion, t(14;16) bzw. MAF::IGH-Fusion, t(14;20) bzw. MAFB::IGH-Fusion, Deletion in 17p (TP53-Gen) durchgeführt werden (Palumbo et al. 2015, Sonneveld et al. 2016).  Zusätzlich wird eine FISH-Diagnostik im Hinblick auf Standard-Risikoveränderungen (u.a. Translokation t(11;14) bzw. MYEOV/CCND1::IGH-Fusion, del(13q), ein Bruchereignis im MYC-Gen, Zugewinne von 5, 7, 9, 15, oder 19) empfohlen, um die Aussagekraft bei fehlendem Nachweis einer Hochrisiko-Veränderungen zu verstärken (S3 Leitlinie, Harder und Jauch 2022). Zum Teil werden auch Deletionen in 1p und MYC-Rearrangements als prognostisch ungünstige Parameter betrachtet (Ravi und Gonsalves 2021). Bei Vorliegen einer histologisch gesicherten Plasmazellneoplasie in der Knochenmarkstanze mit einem Infiltrationsgrad von mind. 15% und unauffälligen FISH-Ergebnis der CD138-positiven Zellpopulation am Knochenmarkaspirat könnte zudem eine ergänzende FISH-Analyse an Paraffinschnitten erfolgen. Das Verhältnis von klonalen und normalen Interphasezellkernen in Blut/Knochenmarspirat und der Knochenmarkstanze kann unterschiedlich sein.

Unreifzellige Plasmazellneoplasien verlaufen in der Regel aggressiv. Sie sind häufig durch komplex aberrante Klone mit zahlreichen strukturellen und numerischen Chromosomenveränderungen gekennzeichnet. Das Auftreten von mehr als einer Hochrisiko-Veränderung ist mit einem geringeren Progressionsfreien- sowie geringeren Gesamtüberleben assoziiert (Walker et al. 2019).

Indolente B-Zell-Lymphome

Für den überwiegenden Teil der indolenten B-Zell-Lymphome, die früher z.T. als niedrigmaligne B-Zell-Lymphome bezeichnet wurden, konnten in den letzten Jahren Chromosomenveränderungen identifiziert werden, deren Nachweis mittels PCR, Chromosomenanalyse und FISH sowohl der Subtypisierung des Lymphoms als auch der Prognoseabschätzung dient und so den Einsatz risikoadaptierter Therapien ermöglicht.

Mantelzell-Lymphom (MCL):

Bei über 95% der MCL ist eine Translokation t(11;14)(q13;q32) mit einer CCND1::IGH-Fusion nachweisbar. Bei CCND1-negativen MCL findet man häufig strukturelle Veränderungen der Chromosomenregionen 6p21 mit Beteiligung des CCND3-Gens oder 12p13 mit Beteiligung des CCND2-Gens. Der Nachweis von Deletionen in 17p (TP53-Gen) und 9p (CDKN2A-Gen) sind mit einer ungünstigen Prognose assoziiert, wobei sich bei Vorliegen beider Deletionen ein additiv prognostisch ungünstiger Effekt ergibt (Delfau-Larue et al. 2015).

Splenisches Marginalzonen-Lymphom (SMZL):

Beim MZL werden häufig Zugewinne der Chromosomen 3, 12 und 18 sowie Deletionen in 6q, 7q31, 13q, 14q und in 17p (TP53-Gen) beobachtet. Mit ca.30% der Fälle stellt die Deletion in 7q die häufigste Veränderung beim MZL dar und findet sich i.d.R. auch eher selten bei anderen lymphatischen Neoplasien (Alaggio et al. 2022). Selten findet sich die Translokation t(2;6) bzw. IGK::CDK6-Fusion.

Neben dem splenischen Marginalzonen-Lymphom gibt es noch weitere Sybtypen des Marginalzonen-Lymphoms, bei denen z.T. eine plasmozytisch Differenzierung beobachtet wird: das nodale Marginalzonenlymphom (NMZL), das primär kutane Marginalzonen-Lymphom (PCMZL) und das extranodale (muccosa-assoziierte Marginalzonenlymphom (EMZL) (Alaggio et al. 2022). Für letzteres findet sich insbesondere bei Infiltration von Lunge und Magen die Translokation t(11;18) bzw. BIRC3::MALT1-Fusion.

Follikuläres Lymphom (FL):

Bei etwa 85% der FL lässt sich die Translokation t(14;18)(q32;q21) bzw. IGH::BCL2-Fusion (sog. Klassisches FL) oder deren seltene Varianten t(2;18)(p11;q21) bzw. IGK::BCL2-Fusion oder t(18;22)(q21;q11) bzw. BCL2::IGL-Fusion nachweisen. Ein komplexer Karyotyp sowie u.a. eine Deletion in 17p (TP53-Gen) sind mit einer schnelleren Transformation in ein high-grade B-Zell-Lymphom, wie einem DLBCL, assoziiert. Daher können bei einer Progression der Erkrankung auch Rearrangements der Gene BCL6 und MYC auftreten.

Haarzell-Leukämie (HCL):

Die HCL gehört, ebenso wie das splenische B-Zell-Lymphom mit prominenten Nukleoli (Abk. SBLPN, früher Haarzell-Leukämie-Variante), das splenische diffuse kleinzellige B-Zell-Lymphom der roten Pulpa (SDRPL) und das splenische Marginalzonen-Lymphom zur Gruppe der splenischen B-Zell-Lymphome. In über 95% der Fälle mit einer HCL tritt eine somatische Mutation des Gens BRAF p.V600E auf, welche in anderen splenischen B-Zell Lymphomen nicht auftritt (Tiacci et al. 2017, Alaggio et al. 2022). Bei der HCL finden sich nur sehr selten chromosomale Veränderungen, wie beispielsweise eine Trisomie 5.

Morbus Waldenström/ lymphoplasmozytisches Lymphom (LPL):

Der nach der WHO zufolge häufigste Subtyp des Morbus Waldenström ist der Morbus Waldenström / IgM-LPL und kennzeichnet sich durch eine plasmozytische Differenzierung sowie ein monoklonales Immungloblin (IgM). Zu den häufigsten chromosomalen und z.T. charakteristischen Veränderungen beim Morbus Waldenström gehören Deletionen in 6q, 11q (ATM-Gen), 13q, und 17p (TP53-Gen) sowie eine partielle oder ganze Trisomie 4. Deletionen in 6q und 17p (TP53-Gen) sind mit einer Progression der Erkrankung bzw. einer ungünstigen Prognose assoziiert (Nguyen-Khac et al. 2013, Paiva et al. 2015 und Guerrera et al. 2018).

Maligne B-Zell Lymphome

Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom (DLBCL):

Die Kenntnis der Chromosomenveränderungen erlaubt bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen sowohl eine Subtypisierung als auch eine Einschätzung der Prognose und dadurch den Einsatz risikoadaptierter Therapien. Neben dem DLBCL NOS (not otherwise specified) gibt es nach der WHO weitere spezifische Subtypen, die sich unter anderem nach anhand von Rearrangements und/oder Zugewinne der Gene BCL6, MYC und BCL2 orientiert. Hierfür ist eine gezielte FISH-Analyse die Methode der Wahl.

 

Burkitt-Lymphom (BL):

 

Das BL zählt zu den aggressiven B-Zell-Lymphomen. Die charakteristische Chromosomen-Aberration der Burkitt-Lymphome ist die Translokation t(8;14) bzw. MYC::IGH-Fusion oder seine selteneren Varianten t(2;8) oder t(8;22) mit Beteiligung der Gene IGK oder IGL.

 

High grade B-Zell-Lymphom (früher: Burkitt-like Lymphom) mit 11q-Aberration (HGBL-11q):

 

Das HGBL-11q kommt differentialdiagnostisch bei MYC-negativen Burkitt-Lymphomen in Frage und weist Burkitt-Lymphom-ähnliche Eigenschaften auf. Namensgebend und charakteristisch für diese Entität sind Zugewinne in der Region 11q23.3 und Verluste in der Region 11q24.3.

Lymphatische Neoplasien der T-Zell-Reihe

Das Spektrum der Chromosomenveränderungen bei den lymphatischen Neoplasien der T-Zell-Reihe ist sehr breit. Es werden sowohl Bruchereignisse der Chromosomenregionen 7p15, 7q32-35 und 14q11, in denen die T-Zell-Rezeptor (TCR)-Gene lokalisiert sind, als auch Aberrationen in 1p, 6q, 8q, 9q, 10q, 11p und 19p sowie numerische Chromosomenveränderungen beschrieben.

T-Zell-Prolymphozytenleukämie (T-PLL):

Die T-PLL ist eine seltene, maligne Erkrankung der lymphatischen Zellreihe, die meistens aggressiv verläuft und einen komplexen Karyotyp aufweist (Alaggio et al. 2022).

Bei 80 % der Patienten wird eine Inversion 14 (inv(14)(q11q32)) beobachtet, wobei es zu Rearrangements der Gene TCRA/D und TCL1 kommt (Matutes et al. 1996).

 

Anaplastisches großzelliges Lymphom (ALCL):

 

ALK-negative ALCL stellen eine seltene CD30 positive Erkrankung der T-Zell-Reihe dar, die typischerweise mit Rearrangements der Gene TP63 und DUSP22, Verlust des TP53-Genortes und/oder Überexpression von IL-2 Ra assoziiert ist. ALK-positive ALCL sind von den ALK-negativen ALCL aufgrund ihrer spezifischen Pathogenese und klinischen Ausprägung voneinander zu separieren. ALK-negative ALCL sind in der Regel mit einer eher ungünstigen Prognose assoziiert.

Nodal T-follicular helper cell lymphomas (nTFHL):

Diese in der WHO 2022 neu zusammengefasste Gruppe beinhaltet jetzt das nTFHL angioimmunoblastic-type (nTFHL-AI), früher bez. als „angioimmunoblastische T-Zell-Lymphom“, das nTFHL follicular-type (nTFHL-F), früher bez. als „follikuläres T-Zell-Lymphom“ und das früher sog. „periphere T-Zell-Lymphom mit TFH phenotype“, welches jetzt in nTFHL NOS (not otherwise specified) umbenannt wurde. Beim nTFHL-AL können selten Zugewinne der Chromosomen(regionen) 11, 19 und 22q oder Deletionen in 13q auftreten (Thorns et al. 2007).

Solide Tumoren

Bei einer Vielzahl von soliden Tumoren sind typische Chromosomenveränderungen bekannt (Beispiele siehe unten). Diese können mittels Chromosomenanalyse an Frischgewebe und/oder mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungen (FISH-Untersuchungen) an Frischgewebe oder Paraffinschnitten des Tumors erfasst werden. Für die FISH-Analyse werden die von den Pathologen angefertigten Paraffinschnitte von 5µm Dicke aufbeschichteten Objektträgern benötigt.

Mammakarzinom

  • Amplifikation des HER2(ERBB2)-neu-Genortes

Glioblastom

  • Deletionen in 1p36 und 19q13

Neuroblastom

  • Amplifikation des N-MYC-Genortes

Lungen- und Ösophaguskarzinom

  • Amplifikation des FGFR1-Genortes

Liposarkom

  • Amplifikation des MDM2-Genortes

Angiosarkom

  • Amplifikation des MYC-Genortes

myxoides Liposarkom

  • Translokation mit Bruchereignis im DDIT3-Genort

infantiles Fibrosarkom

  • Translokation mit Bruchereignis im ETV6-Genort

Ewing-Sarkom/PNET, Klarzellsarkom

  • Translokation mit Bruchereignis im EWSR1-Genort

Dermatofibrosarcoma protuberans

  • Translokation mit Bruchereignis im PDGFRB-Genort

Harnblasenkarzinom/ Mesotheliom

  • Deletion des CDKN2A-Genortes